Fragenkatalog Antworten Frau Lambrecht SPD

Flüchtlingshilfe Heppenheim e.V. - Fragenkatalog zur Bundestagswahl 2017

Gliederung:

  • Integration von Flüchtlingen in unsere Gesellschaft
  • Geregelte Migration, sichere Einreisewege für Asylsuchende
  • Nachhaltige Politik für die Beseitigung von Fluchtursachen:

1. Armut und Hunger weltweit beenden
2. Frieden fördern
3. Klimawandel eindämmen

  • Nachhaltige Entwicklungsziele der UN - der „Masterplan“ für eine bessere, gerechtere Welt liegt auf dem Tisch: Wie ernst meinen wir es mit der Umsetzung?

Integration von Flüchtlingen in unsere Gesellschaft

1. Frage:

Deutschland hat in den vergangenen 2 Jahren etwa 1 Mio. Flüchtlinge aufgenommen. Die
Integration dieser Menschen in unsere Gesellschaft stellt eine große Herausforderung dar.
Welche Strategie verfolgt Ihre Partei zur Bewältigung dieser Aufgabe? Welche konkreten
Maßnahmen planen Sie in diesem Zusammenhang für die kommende Legislaturperiode?

Antwort:

Bessere Sprachförderung und Integrationskurse: Integrationskurse wollen wir für alle
Asylsuchenden und Geduldeten öffnen. Berufsbezogene Sprachförderung werden wir besser
mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wie der Berufsorientierung und der Ausbildung in
Betrieben verbinden. Berufsschulen mit ihrer Brückenfunktion werden wir stärken. Wir achten
darauf, dass insbesondere Frauen und Mütter die Angebote nutzen können.
Gute Bildung von Anfang an: Allen Kindern soll der Besuch einer Kita ermöglicht werden, dies
ermöglicht bessere Startchancen in die Schule. Schule und Bildung sind der Schlüssel zu einer
Zukunft mit guten Chancen für alle Kinder.
Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen: Die Anerkennung von ausländischen
Bildungsabschlüssen werden wir verbessern. Wir prüfen auch, ob ein Wechsel von
Asylsuchenden in das arbeitsmarktbezogene Aufenthaltsrecht umsetzbar ist. Ausländerinnen
und Ausländer, die in Deutschland ein Studium erfolgreich abschließen, dürfen dauerhaft
bleiben.
Öffentlichen Dienst öffnen: 2016 hatten nur knapp 15 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen
Dienst eine familiäre Einwanderungsgeschichte. Den Anteil dieser Beschäftigten wollen wir
erhöhen.
Religiöse Bildung fördern: Wir unterstützen islamischen Religionsunterricht in deutscher
Sprache an staatlichen Schulen. Die Lehrkräfte sollen an deutschen Hochschulen ausgebildet
werden.

Familien helfen bei der Integration: Wir wollen Familien zusammenführen, wenn sie durch die
Flucht auseinandergerissen werden. Denn die Familie hilft bei der Integration enorm. Deshalb
werden wir dafür sorgen, dass der Familiennachzug nicht länger ausgesetzt wird.
Modernes Staatsbürgerschaftsrecht: Wir setzen uns weiterhin für die Akzeptanz der
Mehrstaatigkeit ein. Durch Abkommen mit anderen Staatenwollen wir die wechselseitige
Akzeptanz stärken.

2. Frage:

Eine Vielzahl von ehrenamtlichen Helfern packt bei der Integrationsaufgabe gerne
tatkräftig mit an, viele beklagen jedoch, dass lange Anerkennungsverfahren sowie
bürokratische Hürden zügigen Fortschritten im Weg stehen. Unterschiedliche
Zuständigkeiten in der Verwaltung, komplizierte Amtswege und Antragsformulare aber
auch Ressourcenmangel in der Sozialbetreuung und Wohnungsversorgung erschweren
schnelle Integrationserfolge und stellen die Geduld und Motivation der Betroffenen
manchmal auf eine schwere Probe. Welche Ansätze sehen Sie für eine Vereinfachung der
administrativen Prozesse und Verbesserung der Ressourcenbereitstellung für eine
effektive Integration?

Antwort:

Wir wollen verhindern, dass die erforderliche Integrationsarbeit für Flüchtlinge zulasten der
Kommunen geht. Wir werden unsere Städte und Gemeinden bei der Finanzierung dieser
wichtigen Arbeit weiterhin unterstützen. Die Abläufe selbst werden in den Ländern gesteuert,
denen die Administration unterfällt.
In dieser Legislatur haben wir schon viel erreicht. Mit dem Integrationsgesetz wurde der
Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende und Geduldete deutlich vereinfacht und Bürokratie
abgebaut worden. Die Vorrangprüfung ist befristet für drei Jahre ausgesetzt worden. Die
tatsächliche Aufnahme der Beschäftigung war in der Vergangenheit oftmals daran gescheitert.
Damit wurde auch die Tätigkeit in Leiharbeit ermöglicht. Die Länder konnten dabei selbst
entscheiden, in welchen Agenturbezirken der Bundesagentur für Arbeit die Vorrangprüfung
ausgesetzt wird und haben von der Möglichkeit der Aussetzung großflächig Gebrauch
gemacht. So haben wir eine passgenaue Lösung erzielt. Asylsuchende und Geduldete können
nun dort eingestellt werden, ohne dass vorher umständlich geprüft werden muss, ob hierfür
auch Deutsche oder EU-Bürger/-innen zur Verfügung stehen.
Erste Schritte auf den deutschen Arbeitsmarkt schon während des Asylverfahrens ermöglicht
für viele Geflüchtete das Arbeitsmarktprogramm „Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen“ (FIM).
Die Arbeitsgelegenheiten erfüllen dabei eine doppelte Funktion: Bereits vor Abschluss des
Asylverfahrens können Flüchtlinge damit niedrigschwellig an den deutschen Arbeitsmarkt
herangeführt werden und erste Erfahrungen sammeln. Gleichzeitig werden dabei sinnvolle und
gemeinnützige Beschäftigungen in und um Aufnahmeeinrichtungen geschaffen, ohne dass es
sich um ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis handelt. Dies trägt auch konkret zur
Teilhabe und zur Akzeptanz von Schutzsuchenden vor Ort bei.
Zudem haben wir zusätzliche Mittel für Eingliederung und Verwaltung ebenso bereitgestellt
wie ausreichende und gut qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern. Für
Arbeitgeber und Geflüchtete haben wir mit dem Integrationsgesetz mehr Rechtssicherheit
geschaffen. Geduldete Azubis erhalten fortan eine Duldung für die gesamte Dauer der
Ausbildung. Wenn sich daran eine Beschäftigung anschließt, wird das Aufenthaltsrecht für
weitere zwei Jahre verlängert. Darüber hinaus haben wir die Sprachförderung aufgestockt und
umgebaut. Der Zugang zu Integrationskursen ist jetzt viel früher möglich; für Asylsuchende mit
guter Bleibeperspektive bereits im Verfahren. Für fortgeschrittene Deutschlernende haben wir

eine strukturelle berufsbezogene Deutschsprachförderung geschaffen. Wir haben die
schnellere Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen forciert, die möglichst
parallel zu Spracherwerb und Arbeitsmarktintegration verlaufen soll. Ein Beispiel dafür ist
Maßnahme KompAS, die wir eigens dafür ins Leben gerufen haben. Die SPD war hinter all
diesen Maßnahmen die treibende Kraft
.

Geregelte Migration, sichere Einreisewege für Asylsuchende

3. Frage:

Die europäische Politik scheint aktuell den Flüchtlingsströmen primär durch erhöhten
Grenzschutz und Abkommen zur Flüchtlingsabwehr mit Transitländern begegnen zu
wollen. Die Folge ist das Ausweichen auf noch gefährlichere Fluchtrouten, die immer
wieder viele Todesopfer fordern. In Deutschland garantiert das Grundgesetz §16a zwar
das Recht auf Asyl für politisch Verfolgte. Bei Einreise über einen sicheren Drittstaat wird
die Anerkennung jedoch ausgeschlossen, Flüchtlinge kommen deshalb häufig über
illegale, oft lebensgefährliche Wege zu uns. Wie stehen Sie zur Einrichtung von geregelten,
sicheren Einreisewegen für Flüchtlinge? Welche Maßnahmen schlagen Sie konkret vor?

Antwort:

Wir stehen für eine humanitäre Flüchtlingspolitik. Das Recht auf Asyl muss auch in Zukunft
unangetastet bleiben. Dabei werden wir dafür Sorge tragen, dass die Gefahren für Flüchtende
reduziert und das Gebot der Nicht-Zurückweisung eingehalten wird. Zusätzlich setzen wir uns
für ein europäisches Seenotrettungsprogramm ein. Wir müssen das Sterben im Mittelmeer
beenden. Entlang der Fluchtrouten wollen wir außerdem Anlaufstellen schaffen. Dort soll es
nicht nur Nahrung und medizinische Versorgung geben, sondern auch Beratungsangebote.
Wir wollen den Menschen aufzeigen, welche Alternativen es für sie zur Flucht gibt. Wer illegale
Migration eindämmen will, muss legale Einwanderungsmöglichkeiten schaffen. Gemeinsam
mit dem UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) wollen wir verstärkt über feste
Kontingente Schutzberechtigte kontrolliert in der EU aufnehmen. Sie sollen nach einem fairen
Schlüssel auf alle EU-Mitgliedstaaten verteilt werden. Auf legalen Wegen, ohne kriminelle
Schlepper, ohne die Risiken lebensgefährlicher Fluchtrouten und mit Vorrang für Frauen,
Kinder und Familien. Bei diesem Verfahren stellen die Menschen vor der Einreise nach Europa
den Antrag. So wird im Vorfeld auch die Identität festgestellt und eine Registrierung
vorgenommen. So wissen wir, wer zu uns kommt. Und so können wir die Integration der
geflüchteten Menschen besser vorbereiten, steuern und ordnen. Zugleich behalten wir die
Kontrolle über die Einwanderung in unser Land. Zudem schaffen wir ein
Einwanderungsgesetz, mit dem wir die Einwanderung qualifizierter Arbeitskräfte nach
Deutschland besser steuern können. Zudem wollen wir perspektivisch die Vielzahl
bestehender Regelungen und Aufenthaltstitel bündeln und mehr Übersichtlichkeit und
Transparenz im deutschen Einwanderungsrecht schaffen.

4. Frage:

Ein neues Einwanderungsgesetz kann bei entsprechender Ausgestaltung Chancen sowohl
für die inländische Wirtschaft als auch für die entwicklungspolitischen Ziele in den
Herkunftsländern bringen. Dafür wäre es erforderlich, Qualifikationen von Migranten
stärker als bisher anzuerkennen und wiederholte Ein- und Ausreisemöglichkeiten im Sinne
einer zirkulären Migration zu schaffen. Wie ist Ihre Position zur Einführung und
Ausgestaltung eines neuen Einwanderungsgesetzes?

Antwort:

Mit einem Einwanderungsgesetz regeln wir transparent und verständlich, wer aus
wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland einwandern darf. Das Asylsystem ist für
Menschen, die bei uns in erster Linie Arbeit suchen, der falsche Weg. Die Einwanderung
qualifizierter Fachkräfte richtet sich nach den Interessen unseres Landes. Der
Fachkräftemangel gefährdet unsere Wirtschaftskraft, unsere sozialen Sicherungssysteme und
damit letztendlich auch unseren Wohlstand. Wir wollen deshalb ein Einwanderungsgesetz
schaffen, mit dem wir den Zuzug qualifizierter Arbeitskräfte nach Deutschland besser steuern
können. Es ist wichtig, im weltweiten Wettbewerb um die klügsten und innovativsten Köpfe an
der Spitze zu stehen. Wir wollen ein flexibles und an der Nachfrage nach Fachkräften
orientiertes Punktesystem nach kanadischem Modell einführen. Dabei werden Kriterien wie
berufliche Abschlüsse, Berufserfahrung, Sprachkenntnisse, Alter und Integrationsfähigkeit
berücksichtigt. Wer ausreichend fachliche Qualifikationen und ein Jobangebot hat, kann nach
Deutschland einwandern. Dabei werden wir durch geeignete Maßnahmen die
Chancengleichheit von Männern und Frauen sicherstellen. Wie viele qualifizierte Fachkräfte
pro Jahr über das Punktesystem in unser Land kommen können, soll flexibel über eine Quote
gesteuert werden. Die Quote orientiert sich an der Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Sie
wird jedes Jahr von einer unabhängigen Expertenkommission festgelegt. Sowohl für
potenzielle Einwanderinnen und Einwanderer als auch für die Bürgerinnen und Bürger wird so
transparent dargestellt, wie Erwerbsmigration in Deutschland geregelt ist
.

5. Frage:

Zahlreiche EU-Länder zeigen derzeit leider geringe bis gar keine Bereitschaft zur
Aufnahme von Flüchtlingen; Vereinbarungen zur Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der
EU konnten bisher nicht mal ansatzweise in die Tat umgesetzt werden. Welche
Möglichkeiten sehen Sie, unsere EU-Partner in der Flüchtlingspolitik zu mehr Solidarität
zu bewegen?

Antwort:

Alle EU-Mitgliedstaaten müssen in der Flüchtlingspolitik insgesamt Verantwortung
übernehmen; wir akzeptieren nicht, dass sich einzelne Staaten der Gemeinsamen
Europäischen Asylsystem (GEAS) verweigern. Wir wollen daher finanzielle Anreize für EUAufnahmeländer. EU-Staaten, die Flüchtlinge aufnehmen, sollen eine finanzielle
Unterstützung, z.B. für den Schulbau erhalten. EU-Staaten, die sich weigern, Flüchtlinge
aufzunehmen, sollen zahlen.

6. Frage:

Die Vereinten Nationen beabsichtigen, bis 2018 einen „Global Compact für sichere,
geordnete und reguläre Migration“ und ein „umfassendes Rahmenwerk für Flüchtlinge“
auszuarbeiten. Wie steht Ihre Partei zu dieser Initiative? Wie könnte Deutschland in diesem
Prozess eine Vorreiterrolle einnehmen?

Antwort:

Wir stehen für eine humanitäre Flüchtlingspolitik. Das Recht auf Asyl muss auch in Zukunft
unangetastet bleiben und die Genfer Flüchtlingskonvention eingehalten werden. Die
brutalen Kriege und Menschenrechtskrisen der Welt zwingen weiter viele Menschen zur
Flucht. Mit einem Gesamtkonzept Migration gewährleisten wir Kontrolle und verhindern
Überforderung. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) sind über
50 Prozent der Geflüchteten Frauen und Kinder. Uns ist eine geschlechtergerechte
Unterbringung wichtig. Alleinreisende Frauen, Schwangere und Frauen mit Kindern wollen

wir schützen. Das gilt auch für alleinreisende Kinder und Jugendliche. Für traumatisierte
Flüchtlinge und ihre Kinder brauchen wir spezielle Hilfseinrichtungen. Familiennachzug
und das Zusammenleben in der Familie tragen zu einer guten Integration bei. Deshalb
werden wir die temporäre Aussetzung des Familiennachzugs nicht verlängern. Viele
Frauen und Mädchen leiden in ihren Herkunftsländern unter sexualisierter Gewalt,
Zwangsheirat oder Genitalverstümmelung. Deshalb wollen wir geschlechtsspezifische
Asylgründe besser anerkennen.


Nachhaltige Politik für die Beseitigung von Fluchtursachen: 1. Armut und Hunger
weltweit beenden

7. Frage:

Die Weltgemeinschaft hat sich mit den im Herbst 2015 beschlossenen Nachhaltigen
Entwicklungszielen (Sustainable Development Goals, SDG) u.a. das Ziel gesetzt, bis 2030
Armut und Hunger überall auf der Welt zu beenden. Auch deutsche Entwicklungspolitiker
betonen immer wieder, dass die Erreichung dieser Ziele möglich ist. Welchen Stellenwert
misst Ihre Partei der Entwicklungszusammenarbeit bei? Welche Ziele haben Sie sich zum
Ausbau der Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands für die nächste Legislaturperiode
gesetzt?

Antwort:

Sozialdemokratische Friedenspolitik setzt sich für soziale Gerechtigkeit im globalen Maßstab
ein. 40 Jahre nach Einsetzung der Nord-Süd-Kommission unter Willy Brandt verbinden die
nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen im Rahmen der Agenda 2030
Armutsbekämpfung und menschliche Entwicklung mit ökologischer Nachhaltigkeit,
Wirtschaftsentwicklung, Frieden und internationaler Zusammenarbeit. Für die SPD umfasst
Nachhaltigkeit dabei stets ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte sowie Fragen der
gesellschaftlichen Teilhabe. Die reichen Länder haben eine besondere Verantwortung, um
eine sozial-ökologische Transformation voranzubringen – in ihren eigenen Wirtschafts-,
Finanz- und Gesellschaftssystemen, in der internationalen Politik und zusammen mit den
Ländern des globalen Südens. Daher setzen wir uns für eine ambitionierte Verwirklichung der
Agenda 2030 ein. Dementsprechend muss Deutschland als eine der führenden
Industrienationen bei der Umsetzung der Agenda 2030 eine international deutlich
wahrnehmbare Vorreiterrolle einnehmen. Deutschland muss alle Anstrengungen
unternehmen, um die Nachhaltigkeitsziele national bis 2030 zu erreichen. Zudem muss
Deutschland verstärkt die Länder des Globalen Südens bei ihren Anstrengungen für
nachhaltiges Wachstum unterstützen und die SDGs zur Praxis in den multinationalen
Organisationen machen.
Die SPD-Bundestagfraktion hat bereits während der Verhandlungen zur Agenda 2030 ein
Positionspapier mit Umfangreichen Forderungen im Mai 2015 beschlossen
(http://www.spdfraktion.de/system/files/documents/sdg-positionspapier.pdf). Wir begrüßen
ausdrücklich, dass sich die Weltgemeinschaft auf einen solchen Plan verständigt hat. Wir
unterstützen die Agenda mit den 17 Zielen und 169 Unterzielen vollkommen. Deutschland
muss bei der Zielerreichung als Vorbild in der Welt vorangehen. Die SPD-Fraktion hat als
einzige Fraktion im Deutschen Bundestag bereits alle 169 Unterziele den betreffenden
Politikfeldern zugeordnet und nimmt dies als Richtschnur für ihr Handeln. CDU und CSU haben
den Umfang der Agenda als zu ausufernd stets abgelehnt. In der Regierung betreibt das
federführende Kanzleramt mit CDU-Minister Altmaier die Bearbeitung der Agenda. Die
Umsetzung wird aber leider nur mit der Fortschreibung der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie

bewerkstelligt, dies ist absolut unzureichend. Da werden Rosinen herausgepickt und nicht
einmal mit Ist-Zustand und Zielwerten versehen. Hier muss mehr geschehen, so kann man
diesen global gültigen Plan nicht umsetzen. Die Bearbeitung der Agenda 2030 muss breit
innerhalb der Regierung hochrangig angesiedelt und permanent gesteuert werden. Wir haben
nur noch 13 Jahre Zeit, die 17 Ziele der Agenda 2030 umzusetzen. Das ist sehr wenig und
bedarf viel mehr Anstrengung. Dies wollen wir angehen, wir wollen bis 2030 die Ziele erreicht
haben und auch andere Ländern, insbesondere die Länder des globalen Südens, auf ihrem
Weg dahin tatkräftig unterstützen.

8. Frage:

Wirksame Entwicklungspolitik erfordert gleichzeitig eine kohärente Handels- und
Agrarpolitik. So fordert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (BMZ) u.a. den Stopp von schädlichen Exporten nach Afrika, den gezielten
Ausbau von Wertschöpfung vor Ort und den Schutz lokaler Binnenmärkte in
Entwicklungsländern vor globaler Konkurrenz. Wie steht Ihre Partei zum Abbau von
schädlichen Agrarexporten nach Afrika? Welche Maßnahmen sind hierzu konkret für die
nächste Legislaturperiode geplant?

Antwort:

Ländliche Entwicklung und insbesondere auch die Förderung von Kleinbäuerinnen und
Kleinbauern sieht die SPD als einen zentralen Baustein für die Überwindung von Hunger und
Armut in der Welt an. Wir wollen mit Investitionen in die Infrastruktur den ländlichen Raum in
Entwicklungsländern strukturell stärken und lokale Märkte vor Dumpingimporten schützen. Der
Aufbau von lokalen Wertschöpfungsketten muss ein Schwerpunkt der ländlichen Entwicklung
sein. Zudem wollen wir gegen landgrabbing und die zunehmende Monopolisierung des
Saatguthandels durch wenige Agro-Business-Konzerne vorgehen. Die von uns von Anfang an
sehr kritisch gesehenen „Grünen Zentren“ des CSU-Ministers Müllers in Afrika haben
Kleinbauern und Kleinbäuerinnen nicht gestärkt, haben indigenes Wissen verdrängt und neue
Abhängigkeiten zu Saatgut- und Düngerlieferanten geschaffen. Dies werden wir ändern. Wir
wollen keine neuen Abhängigkeiten schaffen, sondern aufbauend auf vorhandenem lokalem
Wissen Erträge sichern und ausbauen. Die lokale Wirtschaft könnte in vielen Ländern des
globalen Südens bereits heute durch Ein- und Ausfuhrzölle besser geschützt werden. Doch
wird von diesen Mitteln von den nationalen Regierungen bisher aus unterschiedlichsten, auch
egoistischen Gründen, nicht Gebrauch gemacht. Dies entbindet aber nicht davon, in Zukunft
zu verhindern, dass subventioniert hergestellte Agrarprodukte der EU z.B. den Markt
afrikanischer Länder erreichen und günstiger angeboten werden können als das gleiche
Produkt aus lokaler Herstellung
.

9. Frage:

Es besteht internationaler politischer Konsens, dass der Steigerung von Steuereinnahmen
in Entwicklungsländern zentrale Bedeutung zukommt. Denn nach wie vor entgehen diesen
Ländern durch zweifelhafte Steuerpraxis transnationaler Konzerne jährlich Einnahmen in
geschätzt dreistelliger Milliardenhöhe. Trotz dieser Schieflage dürfen Entwicklungsländer
jedoch bei der Weiterentwicklung der internationalen Steuerregelungen noch immer nicht
selbst mit am Verhandlungstisch sitzen, die OECD Länder machen die Regeln stattdessen
unter sich aus. Entwicklungsländer und NROs fordern, dies zu ändern und das bisher nur
beratende Steuerkomitee der UN zu einem beschlussfähigen Gremium aufzuwerten, um
somit die Teilhabe aller Länder an den Entscheidungsprozessen zu gewährleisten. Wie
stehen Sie zu dieser Forderung?

Antwort:

Steuervermeidung und Steuerhinterziehung betreffen Entwicklungsländer in besonderem
Maße. Gründe sind eine schmale Steuerbasis, einseitige Wirtschaftsstrukturen und eine
ineffiziente Steuerverwaltung. Große, international operierende Unternehmen nutzen
zwischenstaatliche Gesetzes- und Regulierungslücken und verlagern profitträchtige
Aktivitäten künstlich in Staaten mit besonders niedriger Steuerquote. Die SPD hat sich dieser
Problematik angenommen. SPD-Mitglieder der Bundestagsausschüsse für Finanzen sowie für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben daher gegen anfänglichen
Widerstand des Koalitionspartners eine gemeinsame Anhörung zu diesem Thema im Juni
2016 durchgeführt. Der Ausschuss hatte zwölf Experten geladen, um sich über die
"Auswirkungen von Steuervermeidung und Steuerhinterziehung auf die Entwicklungsländer"
zu informieren. Leider hat der Koalitionspartner eine daraus resultierende parlamentarische
Initiative nicht mitgetragen.
Seit 2017 gibt es nun durch den automatischen Informationsaustausch eine verbesserte
Transparenz. Die Initiative für fairen internationalen Steuerwettbewerb (BEPS-Initiative) geht
darüber hinaus. Wir wollen sie vollständig umsetzen. Damit verhindern wir, dass Unternehmen
ihre Gewinne durch Gewinnverschiebungen künstlich kleinrechnen und sich ihrer
Steuerverantwortung entziehen. Aus Sicht der Entwicklungszusammenarbeit liegt der
Schwerpunkt allerdings bei dem Aufbau von funktionierenden nationalen Steuersystemen und
–verwaltungen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Kein noch so gut ausgedachtes und
beschlossenes internationales Instrument wirkt, wenn die nationalen Strukturen vor Ort zur
Umsetzung fehlen.

Nachhaltige Politik für die Beseitigung von Fluchtursachen: 2. Frieden fördern

10. Frage:

Frieden ist die wichtigste Voraussetzung für menschenwürdiges Leben. Deutschland als
einem der größten Waffenexporteure weltweit kommt in dieser Hinsicht eine erhöhte
Verantwortung zu. Wie steht Ihre Partei zur Forderung, den Export von Rüstungsgütern in
Krisen- und Konfliktregionen sowie an autoritäre Regimes grundsätzlich zu verbieten? Sind
diesbezüglich in Ihrer Partei bereits konkrete gesetzgeberische Initiativen geplant?

Antwort:

In Anbetracht der zahlreichen bewaffneten Auseinandersetzungen weltweit ist eine
Eindämmung von Rüstungsexporten zwingend erforderlich. Die SPD hat in der
Bundesregierung die transparenteste und restriktivste Rüstungsexportpolitik durchgesetzt, die
es jemals in der Geschichte der Bundesrepublik gegeben hat. Beim besonders sensiblen
Bereich der Kleinwaffen hat sich die SPD erfolgreich dafür eingesetzt, die gesetzlichen Regeln
nochmals zu verschärfen. Diesen Weg wollen wir entschlossen fortsetzen. Die von Januar
2000 stammenden „Politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern“ gilt es weiter zu entwickeln und wo notwendig gesetzlich zu fixieren. Konkret
bedeutet das: Wir werden eine Gesetzesinitiative zur Änderung der Rüstungsexportpolitik
Deutschlands einbringen. Sie wird ein grundsätzliches Verbot des Kleinwaffenexportes in
Drittstaaten außerhalb von EU, Nato und Nato-gleichgestellten Ländern enthalten. Denn klar
ist doch: die Waffen der Bürgerkriege sind die Kleinwaffen. Sie bringen Leid und Zerstörung in
vielen Bürgerkriegsgebieten dieser Welt. Dem Handel mit diesen Waffen müssen wir einen
Riegel vorschieben. Zugleich treten wir für eine einheitliche restriktivere Rüstungsexportpolitik
sowie eine stärkere Begrenzung von Rüstungsexporten auf Ebene der EU ein.

Nachhaltige Politik für die Beseitigung von Fluchtursachen: 3. Klimawandel eindämmen

11. Frage:

Der Klimawandel könnte mittelfristig zum Auslöser für globale Migrationsbewegungen in
bisher nicht gekanntem Ausmaß werden. Mit dem Pariser Klimavertrag vom Dez 2015 hat sich
die internationale Staatengemeinschaft die Begrenzung der Erderwärmung auf weniger als
2°C als gemeinsames Ziel gesetzt; jedes Land leistet seinen Beitrag in Form von
Selbstverpflichtungen zur Emissionsminderung. Welche Maßnahmen plant Ihre Partei in
diesem Kontext, um der zuletzt etwas erlahmten Energiewende in Deutschland wieder neuen
Schwung zu geben? Wie stehen Sie zu der von NROs geforderten Zielsetzung, bis spätestens
2035 vollständig aus der Kohleverstromung auszusteigen?

Antwort:

Die SPD wird dafür sorgen, dass zusätzliche Ausgaben für humanitäre Hilfe zur Verfügung
gestellt werden. Die Entwicklung einer integrierten europäischen Klimadiplomatie kann
ebenfalls dazu beitragen, die Auswirkungen des Klimawandels zu vermindern und somit
Klimaflucht vermindern. Klimaschutzpolitik ist daher immer auch Friedenspolitik und Ausdruck
internationaler Solidarität. Wir unterstützen daher das Ziel, gemeinsam mit den anderen
Industrieländern, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar aus öffentlichen und privaten
Mitteln für den Klimaschutz und Klimaanpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern zu
mobilisieren.
Für viele Menschen auf unserem Planeten hängen die Chancen auf ein Leben in Wohlstand
und Frieden vom erfolgreichen Kampf gegen den Klimawandel ab. Klimaschutzpolitik ist daher
immer auch Friedenspolitik und Ausdruck internationaler Solidarität. Wir stehen für eine
Umsetzung der Klimaschutzziele von Paris. In Übereinstimmung mit dem Pariser Abkommen
haben wir den nationalen Klimaschutzplan 2050 beschlossen, der konkrete Zwischenziele für
die CO2-Reduktion formuliert. Den Klimaschutzplan werden wir mit konkreten Maßnahmen
unterfüttern und diese im Rahmen eines Klimaschutzgesetzes umsetzen. In Deutschland
wollen wir bis 2020 den Ausstoß von CO2 im Vergleich zu 1990 um mindestens 40 Prozent
senken, bis 2050 wollen wir weitestgehend Treibhausgasneutralität erreichen.
Energie muss umweltfreundlich und bezahlbar sein. Gleichzeitig muss die verlässliche
Versorgung gesichert bleiben. Das sind für uns drei gleichrangige Ziele der Energiewende. Es
ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass wir erneuerbare Energien weiter ausbauen. Wir wollen
den Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch von heute 30 Prozent auf bis zu 45
Prozent bis 2025 steigern. Bis 2050 wollen wir weitestgehend Treibhausgasneutralität
erreichen. Das bedeutet den nahezu vollständigen Umstieg auf erneuerbare Energien. Dafür
werden wir die Erneuerbaren stärker in den Wärme- und Verkehrssektor tragen und die
Energieeffizienz weiter erhöhen. Wir wollen Deutschland zur energieeffizientesten
Volkswirtschaft der Welt machen. Öffentliche Gebäude und den öffentlichen Nahverkehr
werden wir zu Vorbildern des energieeffizienten Verbrauchs entwickeln.
Um unsere Klimaziele zu erreichen, müssen wir unsere Energieversorgung nahezu vollständig
auf erneuerbare Energien umstellen. Für ein Industrieland wie Deutschland ist es allerdings
unmöglich, gleichzeitig aus der Atomkraft und aus der Kohle auszusteigen, ohne die
Versorgungssicherheit zu gefährden. Wir werden die Kohleverstromung deshalb Schritt für
Schritt reduzieren. Den damit verbundenen Strukturwandel in den betroffenen Regionen
werden wir im Dialog mit Gewerkschaften, Unternehmen und Beschäftigen gestalten.
Strukturabbrüche werden wir nicht zu lassen
.

12. Frage:

Eine weitere Frage zum Klimaschutz. Gemäß dem Prinzip der gemeinsamen aber
differenzierten Verantwortung haben sich die Industriestaaten neben der
Emissionsminderung im eigenen Land auch zur finanziellen Unterstützung des
Klimaschutzes und der Klimaanpassung in Entwicklungs- und Schwellenländern
verpflichtet und hierfür die Bereitstellung von jährlich 100 Mrd. USD zugesagt.
Deutschland hat hier zwar erste Schritte unternommen und die Bereitstellung von 4
Mrd. bis 2020 in Aussicht gestellt, der faire Anteil Deutschlands am zugesagten
Gesamtaufkommen müsste jedoch etwa doppelt so hoch liegen. Werden Sie sich für
eine zusätzliche Aufstockung der in Aussicht gestellten Mittel einsetzen? Und wie kann
dies verbindlich in den Haushaltsplänen verankert werden, damit den Ankündigungen
auch entsprechende Taten folgen?

Antwort:

Die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat sich bereits im Vorfeld der Verhandlungen
zum UN-Klimaabkommen in Paris für eine Aufstockung der Klimafinanzierung eingesetzt. Im
Ergebnis hat die Bundesregierung angekündigt, ihre internationale Klimafinanzierung bis
2020, bezogen auf das Jahr 2014 zu verdoppeln. Das heißt konkret: Eine Steigerung von 2
Mrd. EUR im Jahr 2014 auf 4 Mrd. EUR bis 2020. Zu dieser Ankündigung zu addieren sind die
durch die deutschen Entwicklungsbanken KfW und DEG bis 2020 mobilisierten
Kapitalmarktmittel. Dadurch soll der deutsche Beitrag bis 2020 auf rund 10 Mrd. USD
anwachsen. Der DEU Anteil würde sich dann auf ca. 10% des 100 Mrd. US$ Ziels belaufen.
Damit leistet Deutschland auch aus Sicht unabhängiger internationaler Beobachter mehr als
einen fairen Anteil.

Nachhaltige Entwicklungsziele der UN - der „Masterplan“ für eine bessere, gerechtere Welt liegt auf dem Tisch: Wie ernst meinen wir es mit der Umsetzung?

13. Frage:

Nochmals zurück zu den UN Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030, den Sustainable
Development Goals (SDG). Welche Priorität haben die SDG im Gesamtkonzept Ihrer
persönlichen politischen Agenda? Wie stehen Sie z.B. zu der konkreten Idee, den
Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung mit mehr Kompetenzen und Kapazitäten
auszustatten, um im Sinne eines „Nachhaltigkeits-TÜVs“ alle politischen Strategien,
Aktionspläne und Gesetzesvorhaben auf deren Übereinstimmung mit den Zielen nachhaltiger
Entwicklung prüfen zu können?

Antwort:

In der Antwort zu Frage 7 ist die Stellung der Agenda 2030 in der Politik der SPD bereits
geschildert.
Zur Frage der Verortung der Umsetzung der Agenda 2030 innerhalb der Regierung stellt sich
die Frage, ob eine Behandlung in einem einzigen Ausschuss der richtige Weg ist. Dafür spricht,
dass die Gefahr des „Zerfaserns“ gebannt wäre. Dagegen spricht, dass sich beteiligte
Politikbereiche sehr leicht abwenden könnten, da die Federführung nicht bei Ihnen liegt.
Vielleicht wäre ein Zwischenweg denkbar: Regierungsseitig die Ansiedlung der Überwachung
beim Kanzleramt (aber nicht wie es derzeit geschieht, siehe Antwort zu Frage 7) und
parlamentsseitig eine federführende Ansiedlung bei einem dann aber auch aufgewerteten
Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung. Eine endgültige Antwort hat sich die
SPD-Bundestagsfraktion noch nicht erarbeitet. Allerdings hat die SPD-Fraktion im Deutschen
Bundestag (meiner Kenntnis nach als einzige Fraktion) bereits Anfang Juni 2016 eine Liste

aller 169 Unterziele der Agenda 2030 mit den dazugehörigen politischen Arbeitsfeldern erstellt.
Diese Liste soll als Richtschnur für die politische Arbeit dienen.

14. Frage:

Die Bundesregierung hat Ende 2016 auf Basis entsprechender UN-Leitprinzipien einen
Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet. Damit soll verhindert
werden, dass deutsche Unternehmen im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit im Ausland zur
Verletzung von Menschenrechten oder von Sozial- und Umweltstandards beitragen. Leider
bleibt der deutsche Aktionsplan im Vergleich zur Umsetzung in anderen Ländern wie z.B.
Frankreich eher unverbindlich und sieht keine Sanktionierungsmöglichkeiten bei Fehlverhalten
vor. Schließen Sie sich der Forderung an, dass eine Nachbesserung des Aktionsplans
erforderlich ist, um dessen effektive Wirksamkeit im Sinne der UN-Leitprinzipien zu erhöhen?

Antwort:

Keine Partei setzt sich stärker für faire Arbeitsbedingungen ein als die SPD. Deshalb hätten
wir gerne schon heute ein Gesetz zur verbindlichen Regelung menschenrechtlicher
Sorgfaltspflichten von Unternehmen sowie ein Unternehmensstrafrecht. Mit unserem
Koalitionspartner war dies jedoch nicht machbar. Der vor allem von Wirtschaftsverbänden
ausgeübte Druck war riesig.
Dennoch freuen wir uns über einen Erfolg in diesem Bereich: Ohne die SPD und SPDgeführte Ressorts gäbe es den Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte
nicht. Der Aktionsplan ist zwar kein Gesetz, aber er zeigt den Weg auf hin zu mehr
menschenrechtlicher Verantwortung von Unternehmen und zu mehr Verbindlichkeit. In
einem Monitoringverfahren soll ab 2018 die Umsetzung des Aktionsplans überprüft werden.
Bis 2020 soll mindestens die Hälfte aller Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten
menschenrechtliche Sorgfaltspflichten in ihre Unternehmenspolitik integriert haben. Ist dies
nicht der Fall, soll die Bundesregierung weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen
Maßnahmen prüfen. Daher werden wir das Monitoring sorgfältig beobachten und
Konsequenzen aus den Ergebnissen ziehen.
Vorerst unbefriedigend ist der Zugang von Betroffenen zu ihrem Recht und zu Gerichten.
Für im Ausland lebende Opfer von Menschenrechtsverletzungen durch deutsche
Unternehmen dürfte eine Klage vor deutschen Gerichten schwierig sein. Hier muss künftig
weiter an praktikablen Lösungen gearbeitet werden. Positiv sehen wir dagegen die geplante
Stärkung der Nationalen Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze mit ihrem außergerichtlichen
Beschwerdeverfahren. Unternehmen, die bei Beschwerden gegen sie nicht daran
teilnehmen, sollen keine Außenwirtschaftsförderung mehr erhalten. Dies ist eine klare
Ansage.

15. Frage:

Deutschland ist ein reiches Land. Dennoch bleiben die finanziellen Ausgaben für die
öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (official development assistance, ODA) regelmäßig
deutlich hinter den abgegebenen Zusagen und hinter den bereits seit Jahrzehnten
bestehenden internationalen Richtwerten zurück. In 2016 wurde zwar zum ersten Mal die
Marke von 0,7% des Bruttonationaleinkommens erreicht, dies jedoch nur indem die
inländischen Kosten für die Flüchtlingsversorgung als Entwicklungsfinanzierung mit
einberechnet wurden. Ohne derartige Anrechnungstricks ist bisher leider nicht zu erwarten,
dass die Zielquote in den kommenden Jahren eingehalten werden kann. Werden Sie sich im
Falle Ihrer Wahl dafür einsetzen, dass im Regierungsprogramm bzw. Koalitionsvertrag die

Erreichung der ODA-Quote von 0,7% bis spätestens 2020 festgeschrieben wird, ebenso wie
die Einhaltung der Zusage, dass dabei mindestens 0,15% bis 0,20% zugunsten der ärmsten
Länder aufgebracht werden?

Antwort:

Die SPD steht weiterhin zum dem Ziel, 0,7 Prozent des BNE für die
Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen. Der Haushalt des
Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ist in den
letzten beiden Jahren um rund 2 Mrd. Euro angestiegen und erreicht damit den Höchststand
von 8,541 Mrd. Euro für 2017. Der Haushalt des BMZ soll laut mittlerer Finanzplanung des
Bundesfinanzministers Schäuble/CDU bis 2021 auf dem Rekordniveau von 2017 fortgeführt
werden. Dies ist uns zu wenig. Wir wollen angesichts der schon jetzt sichtbar anwachsenden
internationalen Aufgaben eine weitere Erhöhung des Haushalts des BMZ durchsetzen: Wir
werden für jeden zusätzlichen Euro im Verteidigungshaushalt 1,5 Euro für
Entwicklungszusammenarbeit, Humanitäre Hilfe und Krisenprävention bereitstellen. Nur so
können wir mittelfristig endlich die 0,7 Prozent erreichen – und dies ohne die Anrechnung der
Kosten für Flüchtlinge im Inland in den ersten 12 Monaten. Dies ist allerdings von der OECD
so vorgegeben. Wir sahen dies schon immer kritisch, da die Anrechnung dieser Kosten
unserer Ansicht nach den Sinn der ODA-Quote verzerrt. Daher setzten wir uns für die
Ausweisung einer „bereinigten“ ODA-Quote ein.

 

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