"Café Welcome": Immer offen bleiben für Neues

Freitag, 20 November, 2015
Echo-online

Heppenheim 20.11.2015

Immer offen bleiben für Neues

Das Café Welcome, der kulturelle Treffpunkt an der Heppenheimer Werlestraße, ist gestern eröffnet worden.
Foto: Karl-Heinz Köppner

CAFé WELCOME Gelungener Auftakt des Projekts von Rotem Kreuz und Flüchtlingshilfe / Interkultureller Treffpunkt

HEPPENHEIM - (jn). Gestern eröffneten das Rote Kreuz und die Flüchtlingshilfe Heppenheim in der DRK-Begegnungsstätte in der Werlestraße das Café Welcome. Jeden Donnerstag von 16 bis 18 Uhr sind Migranten und Heppenheimer Bürger hier zum interkulturellen Austausch willkommen.

„Das Café Welcome soll Menschen zusammenbringen, die Interesse haben, andere Lebensweisen und Kulturen kennenzulernen. Denn es ist wichtig“ – und das bezog Marilena Müller von der Flüchtlingshilfe Heppenheim vor allem auf die Tage nach den Terroranschlägen in der französischen Hauptstadt – „dass wir als Menschen unterschiedlicher Nationen lernen, uns zu vertrauen.“

Gaby Schüßler, die Leiterin der DRK-Begegnungsstätte und Migrationsberaterin, setzte zur Begrüßung der zahlreichen Besucher der Eröffnungsfeier aus Heppenheim und einer Vielzahl von Herkunftsländern den Gedanken fort: „Je besser wir uns kennenlernen, desto mehr werden wir Gemeinsamkeiten entdecken – Unterschiede gibt es natürlich auch, aber die können bereichernd sein. Was täte ich zum Beispiel heute, wenn ich niemand hätte, der dolmetscht?“

Letzteres sagte sie mit Blick auf Tsahay Tesfay, die ihre und Marilena Müllers Reden in Tigrinha, die Sprache, die in Eritrea gesprochen wird, sowie Intisar Mahfood, die ins Arabische und Somalische übersetzte. Beide leben seit 1992 beziehungsweise 1991 in Deutschland, Intisar Mahfood wohnt seit 1998 in Heppenheim, arbeitet als Dolmetscherin unter anderem für das Jobcenter und betreut als ehrenamtliche Integrationslotsin anerkannte Flüchtlinge aus Syrien. „Ich bin hier zu Hause“, sagte sie: „Heppenheim ist meine zweite Heimat.“ Gleichzeitig erinnerte sie sich an ihre ersten Jahre im fremden Land, als es noch nicht so viel Unterstützung für die Einwanderer gab und das Wort „Willkommenskultur“ noch nicht im Sprachgebrauch Wurzeln geschlagen hatte: „Damals musste man sich selber durchboxen; es gab auch nicht so viele Angebote, die Sprache zu erlernen.“

Erster Auftritt des Kindersingkreises

Einer, der ehrenamtlich in der DRK-Begegnungsstätte Deutsch unterrichtet, ist Winfried Müller, bis zu seiner Pensionierung Leiter des Abendgymnasiums in Heppenheim. Am Donnerstag kommt er nach der Stunde mit seinem Kurs hinzu, um bei der Eröffnung des Café Welcome dabeizusein. Seine Enkel singen im Kindersingkreis der Gemeinde „Erscheinung des Herrn“ mit, den Anne Fettel erst nach den Sommerferien ins Leben gerufen hat. Einstudiert haben die Vor- und Grundschulkinder für ihren allerersten öffentlichen Auftritt drei Lieder, vor allem das dritte bekam viel Beifall und sogar Bravorufe: „Wir wollen aufstehen, aufeinander zugehen und uns nicht entfernen, wenn wir etwas nicht verstehen. Wir wollen aufstehen, voneinander lernen, miteinander umzugehen.“

Eine Plattform für den interkulturellen Austausch will das Café Welcome ab sofort jeden Donnerstag von 16 bis 18 Uhr bieten. „Die ursprünglichen Heppenheimer können hier mit den neuen Heppenheimern etwas unternehmen, gemeinsam spielen und beim Umgang miteinander gleich die Sprache üben. Und da Asylbewerber meist viele Fragen haben, werden auch Ansprechpartner von der Begegnungsstätte und der Flüchtlingshilfe dasein“, erläuterte Gaby Schüßler.

Gedacht ist auch daran, den Migranten die Möglichkeit zu geben, am Computer in der Begegnungsstätte Bewerbungsschreiben und Lebensläufe zu verfassen, den Gymnastikraum möchte man zudem für die Kinderbetreuung nutzen, damit die Mütter im Café in Ruhe Gespräche führen können. „Am wichtigsten ist es, offen zu bleiben für Neues“, sagte Gaby Schüßler.

Gut, wenn viele helfen

Für die Flüchtlingshilfe Heppenheim – etliche Mitstreiter um Ansprechpartnerin Uta Forstat waren zur Eröffnung vor Ort – geht es darum, dass jeder sich dort einbringt, wo er gebraucht wird. „Gesucht werden immer Leute, die Zeit haben, sich einzubringen, denn wenn viele helfen“, sagte Jürgen Müller, „ist die Belastung für jeden um so kleiner.“ Die Bereitschaft ist da, keine Frage: „Wir können uns nicht beklagen, im Gegenteil. Die Resonanz ist toll“, ergänzte Marilena Müller, die mit Jürgen Müller und Claudia Neundörfer auch für die Homepage www.fh-hp.de verantwortlich zeichnet.

Und da am Donnerstag nicht nur geredet, sondern auch miteinander geplaudert werden sollte, zog Sandy Döbert nach dem offiziellen Start mit den Kindern aus aller Herren Ländern in die obere Etage der Begegnungsstätte, während Ernestine Schneider die Erwachsenen zu einem Kennenlernspiel aufforderte: Bevor es Kaffee und Kuchen gab, wurden dann noch Brücken gebastelt in der Hoffnung, dass sich das Café Welcome als interkultureller Treffpunkt etablieren möge.